Kommunalwahlen 2020

Am 13. September 2020 finden in Köln wieder die Wahlen des Oberbürgermeisters/ der Oberbürgermeisterin, dem Stadtrat und der Bezirksvertretung statt. Auch knapp 200 Schüler*innen des Gymnasiums Thusneldastraße Köln-Deutz, die das Mindestalter zum Wählen von 16 Jahren erreicht haben, dürfen zum ersten Mal wählen gehen. Aber wie läuft so eine Wahl eigentlich ab und wen kann man überhaupt wählen?

Der Wahlvorgang an sich ist relativ simpel; sobald man alle Voraussetzungen erfüllt, kriegt man seine Wahlbenachrichtigung zugesendet und kann am Wahltag von 8 Uhr bis 18 Uhr mit dieser und einem gültigen Ausweis, also Personalausweis oder Reisepass, zu dem auf der Wahlbenachrichtigung genannten Stimmbezirk gehen.

Dort meldet sich man bei den Wahlhelfer*innen an, bekommt drei Stimmzettel ausgehändigt und darf für andere nicht einsehbar abstimmen. Auch Unterstützung ist in der Wahlkabine selbst nicht erlaubt. Man stimmt für eine Partei im Stadtrat sowie für Vertreter*innen des Bezirksrats und eine*n Kandidat*in als Oberbürgermeister*in. Nachdem man seine Stimme mit klaren Kreuzen deutlich gemacht hat, faltet man den Stimmzettel und gibt ihn in die Wahlurne, die dann ab 18 Uhr geöffnet wird, damit die Wahlhelfer*innen die Stimmen auszählen können.

Eine zweite Möglichkeit wäre, bereits vor dem Wahltag die Briefwahl zu beantragen und sich anschließend an die Anleitung zum Absenden zu halten. Wenn am 13. September 2020 keiner der Kandidat*innen die Mehrheit der Stimmen erreicht, findet am 27. September 2020 eine Stichwahl statt. Der Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin werden für fünf Jahre gewählt und entscheiden auf kommunaler Ebene unter anderem über Angelegenheiten wie Sozialpolitik, Umweltschutz oder Schulen.

Wichtiger Hinweis: „Die Wahlbenachrichtigungen werden seit dem 15. August bis zum 22. August 2020 zugestellt. Wahlberechtigte, die keine Wahlbenachrichtigung erhalten hatten, werden über Presseinformation gebeten, sich umgehend an das Wahlamt der Bürgerdienste der Stadt Köln unter der Hotline Nummer 0221 / 221-34567 zu wenden.“ (https://www.stadt-koeln.de/politik-und-verwaltung/wahlen/kommunal/kommunalwahlen-am-13-september-2020

2020 stehen 13 Kandidaten und Kandidatinnen zu*r/m Oberbürgermeister*in-Wahl bereit:

  1. Henriette Reker, die zwar parteilos ist, aber nach erfolgreicher erster Wahl erneut von den Grünen und der CDU unterstützt wird. Ihre Anliegen sind eine bessere Verwaltung, eine bessere Finanzierung von Schulen und Kindergärten, begünstigte KVB-Tickets und neue Wohngebiete.  Es sollen zudem mehr Posten mit Frauen besetzt werden. Klimaneutral solle Köln bis 2035 werden. Auch Solarausbau und den Erhalt des Grüngürtels setzt sie sich zum Ziel. Weitere Ziele findet ihr unter:  https://www.ksta.de/koeln/kommunalwahl/-koeln-muss-weiblicher-werden–mit-diesem-programm-startet-ob-reker-ihren-wahlkampf-36739214
  2. Andreas Kossiski, Kandidat der SPD, der gesamtgesellschaftliche Innenpolitik („faktenbasiert, zukunftsorientiert und auf die gesamte Gesellschaft ausgerichtet“), Sport (vor allem mehr Orte zur Betätigung) und Wirtschaft (konzentriert auf den Kölner Norden) in den Vordergrund setzt. Zum Nachlesen: https://www.andreaskossiski.de/meine-themen/
  3. Christer Cremer von der AfD, der ein „rechtsdemokratisches Gegenangebot zur etablierten Politik“ aufweisen sowie neuen Wohnraum, Ordnung und Sauberkeit schaffen will. (https://www.radiokoeln.de/artikel/afd-koeln-mit-eigenem-ob-kandidat-615999.html)
  4. Sabine Neumeyer, parteilos, bezeichnet sich als Partyobermeisterin und will bezahlbaren Wohnraum, kostenlosen ÖPNV und die Legalisierung von Cannabis erreichen. Sie sympathisiert mit einigen umstrittenen Theorien, unter anderem in Bezug auf COVID-19 und Trumps Begründung zur Wahlverzögerung in den USA. Nachzulesen unter: https://www.radiokoeln.de/artikel/sabine-neumeyer-686269.html
  5. Roberto Campione, der, ebenfalls parteilos, für die Begrünung aller ungenutzten Flächen, Sauberkeit, verkürzte bürokratische Wege, Investitionen in Schulen und Wohnungsbau (https://www.robertocampione.de) steht.
  6. Nicolin Gabrysch, die für die Klimaliste/ Klimafreunde Köln antritt und Teil der Parents For Future ist, will Klimaschutz, bezahlbare Wohnräume sowie Lebensmittel, ÖPVN, Digitalisierung und Bildungsmöglichkeiten „gemeinsam mit Expert*innen und Einwohner*innen (…) lösen“ (https://klimafreunde.koeln/kommunalwahl-2020/).
  7. Jörg Detjen, der seine Partei DIE LINKE mit den Themen Solidarität, städtischer Wohnbau, kostenloser ÖPNV, Gesundheit und Klimaschutz (klimaneutral bis 2030) vertritt. Genaueres hier: https://die-linke-koeln.de
  8. Thor-Geir Zimmermann der Partei GUT, der für Klimapolitik (klimaneutral bis 2030, „Zero-Waste-Stadt“), Toleranz, sozialen Wohnungsbau, Kultur, Bildung und Digitalisierung steht. (https://www.dieguten.koeln/11-unser-programm-fuer-koeln/)
  9. Robert Nussholz, parteilos. Er steht für ein multikulturelles Köln mit ökologischen Schwerpunkten sowie für Sauberkeit, bezahlbaren Wohnraum und genügend Schulplätze. Seine Website: https://ob2020.koeln/#portfolio
  10. Rüdiger-René Karl Maria Keune steht für die ÖDP mit den Themen Nachhaltigkeit, umweltbewusster Verkehr sowie gemeinsames Gestalten Kölns ein. Inklusive ausführlichem Flyer zum Download: https://www.oedp-koeln.de/programm/kommunalwahl-2020/kw-koeln-2020/
  11. Martin Josef Przybylski ist parteilos. Er will die Egonsiedlung vor dem Abriss schützen, eine Ausbildungsgarantie für Schüler*innen, „Inobhutnahmewelle“ des Jugendamtes stoppen, Sozialwohnungen bauen und sich vor allem für die Menschenrechte einsetzen.
    Link zum Interview: https://koeln.mitvergnuegen.com/koelnwaehlt/11-fragen-an-koelns-ob-kandidatinnen-martin-josef-przybylski-parteilos/
  12. Für Volt kandidiert Oliver Fuchs mit Anliegen wie verbessertem ÖPVN, verbesserter Lebensqualität, Nachhaltigkeit, sozialem Wohnungsbau und bestärkter Wirtschaft. Das 78-seitige Programm sowie die in Stichpunkten verfasste Kurzversion sind hier als Download zu finden: https://www.voltdeutschland.org/koeln/kommunalwahl2020
  13. Dagmar Langel und WIR SIND KÖLN 2020 fokussieren sich auf die Verständigung mit den Bürger*innen und ein sozialeres Köln sowie sozialen Wohnungsbau.
    Link zum Interview: https://koeln.mitvergnuegen.com/koelnwaehlt/11-fragen-an-koelns-ob-kandidatinnen-dagmar-langel-von-wir-sind-koeln-2020/

Verfasst von Clara Sakic

Zeitzeugin Martin Luther Kings in Köln

Eine gespannte Stille legt sich über den Raum, als der Vertreter des Amerika Hauses e.V. NRW Juandalynn R. Abernathy, Tochter des Bürgerrechtlers Dr. Ralph D. Abernathy, ankündigt. Als engster Vertrauter Martin Luther Kings war nämlich nicht nur Dr. Abernathy ein dauerhafter Gast bei der Familie King, sondern seine gesamte Familie. Dadurch entstand eine tiefe Freundschaft zwischen den ältesten Töchtern der Familien, die von den Geschehnissen des Civil Rights Movements nicht unberührt blieben.

Von dieser Zeit und ihren Erinnerungen an Martin Luther King erzählt Juandalynn im Laufe des Abends am 19. September 2019 im Veranstaltungsraum der VHS innerhalb des Rautenstrauch Joest Museums. Zunächst jedoch gibt die „Master of Music“ studierte Sopranistin einige Lieder zum Besten, die das aus jungen und älteren BesucherInnen bestehende Publikum zutiefst begeistern. Mehr als eine Performance bewegt die ZuhörerInnen zu Gänsehaut und überschwänglichem Applaus. Trotz anschließenden Standing Ovations entschuldigt sie sich für ihre einer Erkältung geschuldeten Einschränkung beim Singen und erwähnt an dieser Stelle ebenfalls, dass ihre Mutter erst kürzlich verstorben sei, sie daher also noch trauere und am nächsten Morgen zur Beisetzung in die USA fliege. Dennoch wollte sie an diesem Abend anwesend sein.

Juandalynn hat vorbereitet, was sie sagen will, und stellt sich mit ihren Zetteln hinter das Rednerpult. Kurz darauf erschallt ein beinahe fehlerfreier deutscher Vortrag durch den Raum, der ihren Jahren in Deutschland geschuldet ist. Inzwischen lebt sie sogar mit ihrem Mann und Sohn in Nordrhein- Westfalen. Weit kommt sie mit ihrer vorbereiteten Erzählung jedoch nicht, da sie bereits nach kurzer Zeit anfängt, mit ihrem sympathischen Wesen selbst Erinnerungen zu rekapitulieren und mit Freuden an ihre Kindheit zurückzudenken.

Juandalynn ist in der Lage, losgelöst und glücklich zu sein, trotz einiger Geschehnisse aus ihrer Kindheit. Neben den schönen und witzigen Erinnerungen – wie sie und Yolanda King als älteste Kinder versucht haben King vom Rauchen abzuhalten, indem sie seine Zigarren in der Toilette heruntergespült haben und er sich dann wunderte, wohin diese denn verschwanden – berichtet sie ebenfalls von den traurigen Erinnerungen. Beispielsweise erzählt sie davon, wie sie mit zwei Jahren einen Sprengstoffattentat auf ihren Vater überlebte oder davon, wie Martin Luther King starb und ihren Vater mit seinem Vermächtnis zurückließ.

Juandalynn lässt aber auf jede solcher Erinnerungen eine schöne folgen, wie als sie seiner „I have a dream“-Rede zuhörte und als kleines Kind gekränkt war, nicht darin erwähnt worden zu sein. Damit bleibt ein glückliches, aber auch an vielen Stellen sehr ernstes Leben während des Civil Rights Movements als Eindruck zurück.

Mit ihrem Lachen und den teilweise ungeplanten Erzählungen von ihrer Kindheit erschafft Juandalynn eine fröhliche und sehr persönliche Atmosphäre. Sie lässt aber nicht nur die starke Vorbildfigur Martin Luther King wie einem eine vertraute Person erscheinen, sondern animiert viele ZuhörerInnen in der dem Vortrag anschließenden Fragerunde dazu, über einen selbst zu sprechen und Meinungen zu äußern. Verständnisvoll nimmt sie alles auf, unterhält sich mit Interessierten über die bestehende Politik in Deutschland und hat zu allem Beispiele aus ihrem Leben parat, ob es nun die rassistische Behandlung ihres Sohnes, neugierige kleine Mädchen im Urlaub oder Trump-Wähler in der Familie Kings und als eigener Ehemann sind.

Die gelöste Stimmung wird nur ungern unterbrochen, aber Juandalynn erklärt sich am Ende freudig dazu bereit, noch für die anwesenden Schüler und Schülerinnen der kostenlosen Veranstaltung zu bleiben und Fotos zu machen. Dabei beantwortet sie weiter Fragen und unterhält sich offen mit allen Beteiligten.

Am Ende des Tages gab es vermutlich keine Person, die nicht gerne noch länger Juandalynns lebhafter Stimme zugehört und so viel mehr über ihr Leben erfahren hätte. Aber auch so gibt es genug Stoff zum Nachdenken und vielleicht sogar zum Überdenken von eigenen Weltansichten.

von: Clara Sakic